LEIKO IKEMURA
AQUI ESTAMOS – HERE WE ARE
LA CIUTAT DE LES ARTS I LES CIENCIES · VALENCIA · TÄGLICH GEÖFFNET, JEDERZEIT
Wie Seerosen schweben die sechs Skulpturen der japanisch-schweizerischen Künstlerin Leiko Ikemura über dem blauen Wasserbecken, das den Blick auf das augenförmige L'Hemisfèric des Architekten Santiago Calatrava freigibt. Für Leiko Ikemura ist die Ausstellung We are here / Aquí Estamos (bis 6. März 2022) in Valencia sowohl eine Rückkehr nach Spanien – Ikemura hat an der Escuela Superior de Bellas Artes in Sevilla studiert – als auch eine Präsentation ihres neuen Verständnisses ihres eigenen Werks.
Bevor sie in der urbanen Architekturlandschaft der Ciutat de les Arts i les Ciències auftauchten, sind Ikemuras stehende oder liegende Figuren gewandert, zwischen verschiedene Medien wie Zeichnung, Malerei, Druckgrafik, Fotografie und Skulptur. Ihr gemeinsames Auftreten als Bronzeskulpturen verstärkt die Einladung der Künstlerin an die Besucher; es ist eine Einladung in die Welt, in der die wandernden Wesen leben.
Von den sechs Skulpturen, die ausgestellt sind, befinden sich vier in einer liegenden Position, als ob sie in den Horizont des Pools eintauchen würden. Die vier Kunstwerke – Double Figure, Cat Girl Lying, Lying Girl und Catgirl with Usagi – lehnen sich unmittelbar an Ikemuras Keramikarbeitem aus den 1990er Jahren an, die sowohl in Europa als auch in Japan häufig ausgestellt wurden und internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Anstatt wie üblicherweise beim Liegen eine Haltung mit dem Gesicht nach oben einzunehmen, blicken Ikemuras weibliche Figuren entweder nach unten oder zur Seite. Wenn die Hände nicht gerade die Gesichter verdecken – und dadurch jeder Figur ihre unverwechselbare Identität nehmen – liegen sie fest auf der Brust. Zusammen verdeutlichen die liegenden Figuren den numinosen Moment der Ruhe, der eintritt, nachdem die Flut des Traumas etwas zurückgegangen ist, – ein Zustand, der einer von Pandemie heimgesuchten Welt ähnelt, in der wir uns befinden.
Können die liegenden Skulpturen eine erdende Wirkung auf uns ausüben, so vermögen die beiden stehenden Figuren durch ihre spitz zulaufende Vertikalität, die sich aus dem Wasser speist, dazu beitragen, den dringend benötigten Moment der Trauer zu erleben und zu überwinden. Usagi Greeting, zum ersten Mal in einem übergroßen Maßstab realisiert, erinnert an Ikemuras berühmte Skulptur Usagi Kannon, aber ihre weniger klar definierten Gesichtszüge und körperlichen Proportionen verleihen ihr ein zusätzliches Gefühl von Zärtlichkeit und Jugendlichkeit. Auf den ersten Blick ist die Figur with three Birds ein kopfloser Torso, der sich nicht vor dem Zustand der Verwüstung scheut, zugleich bietet sie auch Trost an, in der Koexistenz mit den lebendigen Vögeln und dem angedeuteten Gesicht, das aus dem Rücken herausragt.
Im Japanischen bedeutet usagi (兎) "Kaninchen" oder "Hase". Hier treffen Leben und Tod nicht nur in der Gegenüberstellung von Torso und Vögeln aufeinander, sondern auch in dem zyklischen Prozess der Hoffnung und des natürlichen Wachstums, für den usagi steht.
Die Ciutat de les Arts i les Ciències, Gastgeberin dieser öffentlichen Installation, ist ein architektonischer Komplex von großer kultureller Bedeutung, der seine Besucher mit einem anspruchsvollen Sinn für Ehrgeiz anspricht, der für Calatravas geometrische und wellenförmige Designs charakteristisch ist. Die von Philipp von Matt entworfenen ovalen Skulpturenplattformen bringen diese Gestaltungsideale zur Geltung. Sie ermöglichen es dem emotional berührenden Werk von Leiko Ikemura, sich in die Umgebung einzufügen und die Architektur der Wasserlandschaft zu akzentuieren, so dass eine noch nie dagewesene Symbiose von Kunst und Architektur entsteht.
Leiko Ikemura (geboren in Tsu, Japan) ist eine japanisch-schweizerische Künstlerin, die in Berlin und Köln arbeitet. Ikemura studierte an der Osaka University of Foreign Studies und an der Escuela Superior de Bellas Artes in Sevilla. Mit Motiven wie Tieren, Menschen und Horizonten erforscht Ikemura in ihrem Werk die Entstehung von Welten mit Hilfe verschiedener Medien.
Ikemuras Arbeiten wurden auf der Tokyo Biennale (1988) und der Sharjah Biennale (2001) präsentiert. Sie hatte Einzelausstellungen im Kunstmuseum Liechtenstein (2002), im National Museum of Modern Art, Tokio (2011) und im Kunstmuseum Basel (2019). Ihre Werke sind unter anderem im Museum Ludwig, Köln, im Kunstmuseum Basel, im National Art Center, Tokio, und im Centre Pompidou, Paris, zu sehen.
(Press Release)